Bisheriger Stand:
Aufgrund der auch vom Großen Senat des Bundesgerichtshofs erkannten Gesetzeslücke war es niedergelassenen Ärzten bislang möglich Geld von Pharmaunternehmen anzunehmen, ohne sich dabei strafbar zu machen.
Zutreffend stellte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.03.2012 (BGH– GSSt 57/202) fest, dass die geltenden Korruptionstatbestände des StGB nicht auf niedergelassene Ärzte anwendbar seien. Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handele bei Wahrnehmung der ihm i.d.R. übertragen Aufgaben weder als Amtsträger i.S.d. § 11 I Nr.2 c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen i.S.d. § 299 StGB.
Auch die auf den Vermögensschutz ausgerichteten Straftatbestände der Untreue, § 266 StGB, und des Betruges, § 263 StGB können das Geben und Nehmen von Bestechungsgeldern nur eingeschränkt erfassen.
Bislang konnten Vergehen daher lediglich über das in jedem Bundesland und für jedes Berufsfeld unterschiedlich geregelte Berufsrecht geahndet werden.
Der Gesetzgeber reagierte hierauf mit einiger Verzögerung und einer neuen Gesetzesinitiative um sowohl Bestechung als auch Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter Strafe zu stellen.
Schließlich werde durch Korruption der lautere Wettbewerb beeinträchtigt, erhebliche Kostensteigerungen verursacht und das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitswesen nachhaltig geschadet. Die Ahndung aufgrund berufs- und sozialrechtlicher Zuwendungsverbote und Sanktionen und brancheninterner Präventionsmaßnahmen machen eine entsprechende strafrechtliche Regelung –nach Auffassung des Gesetzgeber- nicht entbehrlich.
Was bedeutet dies konkret für die Angehörigen eines Heilberufes?
Die vorgesehenen Tatbestände erfassen alle Heilberufe (u.a. Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten, Tierärzte, oder Pflegekräfte). Voraussetzung ist aber eine Verknüpfung von Vorteilsgewährung/-annahme und dem Erhalt einer Gegenleistung (Bsp.: Zahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte für die bevorzugte Verordnung von Medikamenten oder „Provision“ für die Zuweisung von Patienten an ein bestimmtes Krankenhaus, Apotheke ein Sanitätshaus etc.). Die Gegenleistung muss dabei nicht zwingend in einer Geldzahlung liegen. Vom Vorteilsbegriff sind sowohl materielle als auch immaterielle Zuwendungen erfasst.
Weiterhin muss die Pflichtverletzung eine unlauterere Bevorzugung oder eine Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit darstellen.
Probleme des neuen Tatbestandes:
Der neue Gesetzesentwurf begegnet reichlich Kritik. So bleiben zu viele Grauzonen bei der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Industrie bestehen. Wo soll die gewünschte Zusammenarbeit enden und Bestechung beginnen?
Moniert wird auch, dass die Vorteilsgewährung und -annahme auch bei Verstößen gegen die berufsrechtlich geregelten Unabhängigkeitspflichten - für Ärzte § 30 MBO - bestraft werden soll. So sei viel zu unbestimmt und für die Heilberufler unvorhersehbar, welches Verhalten sozialschädlich und ihnen daher verboten ist. Zudem sieht die BAK aufgrund der verschiedenen Berufsausübungsregeln der Heilberufler die Gefahr unterschiedlicher Auslegungsmaßstäbe und einer daraus resultierenden uneinheitlichen Strafverfolgung, die einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt.
Zudem passt der bei den Gesetzen zur Bestechung intendierte Schutz des Rechtsgutes: „Lauterkeit des öffentlichen Dienstes & das Vertrauen der Allgemeinheit in dieser Lauterkeit“ nicht mit der Intention des Gesetzes zur Korruption im Gesundheitswesen.
Der neue Straftatbestand wird erhebliche Auswirkungen auf die Praxis haben. Gerade im Rahmen des Compliance sollte hier eine Überprüfung und Anpassung erfolgen.
Auch in diesen Fragen zur Korruption im Gesundheitswesen sind wir gern Ihr Ansprechpartner: www.blazevska.de
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches
Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert: (Auszug)
§ 299a
Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufs- bezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Be- rufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medi- zinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial
1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder
2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer als Angehöriger eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 einen Vorteil dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmit- teln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze.
§ 299b
Bestechung im Gesundheitswesen (1) Wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des § 299a Absatz 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, ver- spricht oder gewährt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial
1. ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder
2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 im Zu- sammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizin- produkten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze.
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